Hermann Hesse hat den Satz geprägt „Musik fordert unsere Seele“. Stimmen Sie zu?
Ja. Musik erreicht die Menschen ganz unabhängig von Sprache oder Religion. Sie gibt vielen Halt und Trost. Sie kann, gerade im Bereich der Musiktherapie, Erstaunliches leisten, zum Beispiel bei Alzheimer-Patienten oder autistischen Kindern.
Sie sind schon häufig in der Dresdner Frauenkirche aufgetreten, ab 2019 deren Künstlerischer Leiter. Was bedeutet Ihnen diese Kirche?
Seitdem ich das erste Mal dort war, ist dieses Gotteshaus für mich ein magischer Ort. Ich spüre die große Last der Geschichte, aber auch diese neue Bedeutung als ein Ort des Friedens und der Versöhnung.
Was bedeutet es Ihnen, in Gotteshäusern zu spielen?
Ich empfinde eine ganz besondere Form von Respekt. Das verändert auch meine Spielart. Manchmal bin ich nachdenklicher, im Umgang mit den Kollegen achte ich auch mehr auf meinen Ton, mein Benehmen. Ich bin ehrfürchtiger, das liegt wohl auch an meiner christlichen Erziehung.
Christliche Erziehung bedeutet, dass Sie gläubig sind. Wie leben Sie Ihren Glauben heute?
Wenn ich in einer Kirche bin, habe ich das Gefühl, näher bei Gott zu sein, egal ob es eine protestantische oder katholische Kirche ist. Da ist etwas, was ich nicht beschreiben kann, ein großer Respekt. Ansonsten bin ich kein regelmäßiger Kirchgänger. Meine Kirche ist ständig bei mir, in meinem Herzen und meinem Kopf.
Wo ist Gott Ihnen außerhalb der Kirche besonders nah?
Bei meiner Familie – meiner Frau und meinem Sohn. Es fühlt sich an wie eine religiöse Einheit. Diese Balance, die ich durch meine Familie erhalte, ist für mich etwas Heiliges. Wenn etwas diese Einheit nur ansatzweise stört oder versucht zu stören, empfinde ich dies als Belastung. Deshalb tue ich alles, um sie zu schützen.
Finden Sie Halt im Glauben?
Ja, gerade in schwierigen Zeiten, etwa wenn ich einen mir nahestehenden Menschen verloren habe.
Gibt es Musikstücke, die für Sie etwas Göttliches transportieren?
Viele. Gerade die geistlichen Werke von Bach, Mozart, vieles aus dem Barock, aber auch die Requien von Fauré, Dvorák oder Rossini. Auch bei Stücken, die nicht unbedingt einen religiösen Bezug haben, fühle ich, dass da auch etwas Unantastbares ist. Es ist für mich quasi ein religiöses Erlebnis, diese Musik zu hören oder zu spielen.
Sie haben schon viel von der Welt gesehen, und doch gibt es keinen Ort, an dem Sie lieber sein wollen als in Deutschland. Warum?
Da ist ein sehr vertrautes Gefühl. Es hängt sicherlich auch mit der Musik zusammen. Bei der Musik, die ich spiele und liebe, ist die deutsche Musik die wichtigste: Bach, Mozart, Haydn, Beethoven, Schubert, Mendelssohn. Das ist mein tägliches Brot. Das ist meine Sprache. Wenn man diese Sprache spricht, bekommt man einen ganz anderen Zugang zu einem Land. Obwohl ich in vielen Ländern gelebt habe, in Deutschland habe ich ein Gefühl von zu Hause.
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