Seit 2011 gibt es den „Chouf-Nüt-Tag“ in Bern, der die Menschen motiviert, zumindest einen Tag lang, auf Konsum zu verzichten. Für die Theologin Irene Neubauer, die das Projekt leitet, geht es dabei keineswegs darum, den Leuten Advent und Weihnachten zu vermiesen: «Mit unserer Aktion wollen wir zeigen, dass in unserer Gesellschaft Stress oft mit Konsum kompensiert wird.» Es gehe darum, die Menschen spielerisch dafür zu sensibilisieren, dass mit Konsum ganz viele Fragen verbunden sind, die den Kern des christlichen Glaubens betreffen: Die Menschen und ihre Sehnsucht nach Konzentration auf das Wesentliche, die Gerechtigkeit in der Produktion und den Umgang mit Ressourcen.
Tatsächlich ist „Verzicht“ ein urchristliches Thema, das nicht nur in Form des Armut-Gelübdes in Orden bis heute eine wichtige Rolle im Glauben spielt. So bewundert Irene Neubauer etwa Menschen, die reduziert leben und ihren Besitz zum Teil auf nur hundert Gegenstände reduzieren. Sie findet klare Worte für die heutige Situation: „Wir sollten den Überfluss einschränken. Wir werden zu Sklaven unseres Besitzes. Wir besitzen den Besitz nicht mehr, wir sind von ihm besessen.“
Tatsächlich will der Chouf-Nüt-Tag zu Beginn der Adventszeit einen Gegenakzent zum Shoppingwahn setzen. Der „Buy Nothing Day“ entstand 1992 ursprünglich in Kanada als Alternative zum dortigen „Black Friday“, der nach „Thanksgiving“ mit Rabatten zum Konsum auffordert. Fünf Jahre später gab es ihn in Deutschland, seit 2010 auch in der Schweiz.
In Bern gehören zum Chouf-Nüt-Tag Marktstände ohne Waren, dafür mit Informationsmaterial vor der Kirche, Kreativ-Ateliers und Gastfreundschaft in der auch sonst bestehenden Kaffee-Ecke in der Kirche und eine besinnliche Feier zum Abschluss. Die Reaktionen der Laufkundschaft reichen von „Gut, dass Ihr das thematisiert“ bis zu „Interessiert mich nicht“. Neben der offenen Kirche Bern beteiligen sich auch konsumkritische Organisationen wie ChristNet, décroissance, KonsumGlobal und PublicEye. Denn wichtig ist laut Irene Neubauer „die Verschränkung von spiritueller Verankerung und politischem Engagement“. Sehr bekannt ist der Tag noch nicht, aber für sie und ihre Mitstreitenden ist und bleibt er ein Herzensanliegen.
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