Als Sie ins Kloster eingetreten sind, haben Sie das Armutsgelübde abgelegt und Ihre Habe an Freunde verschenkt. Wir leben in einer Welt des Überflusses und sind dennoch meist unzufrieden. Ist Genügsamkeit ein Ausweg?
Je weniger ich besitze, desto freier bin ich. Man sitzt nicht so auf den Dingen, das finde ich wunderbar. Ich kenne viele Leute, die viel besitzen, sie haben Angst, man könnte sie nur über ihren Besitz definieren. Wenn ich nichts habe ist klar, es geht um mich.
In Ihrem Buch setzten Sie sich kritisch mit Machtdenken und Reichtum der Kirche auseinander. Papst Franziskus gibt mit seinem bescheidenen Lebensstil ein gutes Beispiel. Warum fällt es vielen in der Kirche schwer, ihm zu folgen?
Aus Gewohnheit. Die Kirche hat sich über die Jahrhunderte als sehr reich entwickelt. Sich davon zu trennen und wieder ganz klein anzufangen, fällt schwer. Es ist auch Angst vor Prestigeverlust. Ich denke, gerade in der Kirche haben erst wenige verstanden, dass sie mehr akzeptiert würden, wenn sie einfacher leben würden.
Gibt es auch positive Beispiele?
Es gibt immer wieder Aufbrüche. Die Orden sind solche Beispiele, sie waren die Reformer der Kirche. Sie sind entstanden, um zu zeigen, wie Kirche wirklich sein soll. Aus dieser Motivation gründen sich auch heute noch neue geistliche Gemeinschaften oder eine Gemeinde verändert sich.
Die Schere zwischen Arm und Reich weltweit, aber auch in Deutschland, wird immer größer. Welche Maßnahmen und Vorbilder braucht es, um dieser Ungerechtigkeit entgegenzuwirken?
Es braucht Menschen mit Empathie. Bei meiner Buchrecherche habe ich gemerkt, wie einfach es wäre, die Armut der Welt zu lindern. Schon wenn nur die Werbeetats um ein Drittel gekürzt würden, könnte das den Hunger der Welt stillen. Warum machen wir es nicht? Das ist das große Rätsel unserer Zeit: Warum helfen wir nicht einander? Die Ressourcen wären da. Es gäbe genug für alle, genug Geld, genug Nahrung und auch Wasser.
Haben Sie eine Antwort auf diese Frage gefunden?
Es gibt diesen Trieb im Menschen zu besitzen und nichts abzugeben. Ärmere Menschen leben das Teilen intensiver. Das habe ich auch auf meiner Reise in den Nahen Osten erlebt: Menschen, die wirklich nicht viel haben, geben gerne von dem Wenigen ab. Das ist dann im Verhältnis unglaublich viel mehr, als wenn ein Reicher tausend Euro gibt. Wenn wir lernen würden, freier zu geben, dann wäre das ein Stück Himmel auf Erden.
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