Nach dem Tod Jesu saßen seine Jünger aus Angst um ihr Leben hinter verschlossenen Türen, berichtet das Johannesevangelium. An diese Szene werde ich jetzt erinnert, wo so viele Menschen daheim festsitzen, manche aus Angst vor einer womöglich gefährlichen, lebensbedrohenden Infektion, und andere wegen der Ausgangsbeschränkungen. Manche aus Solidarität, um niemand zu gefährden, und andere aus Furcht vor den angedrohten Sanktionen, wie Anzeigen und Geldstrafen.
Wahrscheinlich hatten manche Jünger ähnliche Empfindungen und Stimmungen wie diese Menschen heute: Langeweile, weil sie kaum etwas tun können. Auflehnung, weil sie sich nicht mit der Situation abfinden wollen. Oder Vorwürfe, gegen andere oder sich selbst: Wie konnten wir nur in diese schlimme Lage kommen!
Die aktiven Jüngerinnen
Mir fällt auf, dass die Jüngerinnen Jesu nicht so ängstlich und untätig festsaßen. Die Evangelisten berichten übereinstimmend davon, dass Frauen zum Grab gingen, um Jesus zu salben. Sie sind es auch, die den Jüngern berichten, dass sich beim Grab etwas verändert hat: Der Stein ist war weggewälzt. Die Frauen waren auch vorher schon mitten im Geschehen, bei der Kreuzigung, als die Jünger davongelaufen waren. Auch heute, mitten in der „Corona-Krise“, sind es vor allem Frauen, die für ihre Familien sorgen, für ihre Kinder, für das Funktionieren der Geschäfte und Apotheken, und vor allem auch für die Pflege der Kranken und Sterbenden. Natürlich gibt es auch viele Männer, die das tun, aber es sind vor allem Frauen, die in diesen Berufen einstehen für das Leben und das Miteinander. Frauen, die oft schlecht bezahlt sind in ihren Berufen, oder diese Arbeit unbezahlt verrichten. Menschen mit einem mütterlichen Herzen sind es, die sich nicht einschüchtern lassen und unverdrossen im Dienst an den Leidenden und Bedürftigen stehen. Menschen, die angesteckt sind von der Liebe Gottes, vom Lebensmut des Auferstandenen.
Mitten in der Krise schafft Gott neues
„Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der Liebe, einer hat uns aufgeweckt, und das Feuer brennt hell,“ so heißt es in einem religiösen Lied. Ich weiß, in Corona-Zeiten klingt das schräg. Niemand will angesteckt werden. Und doch kommt mir dieses Lied immer wieder in den Sinn. Denn das Feuer der Liebe des Auferstandenen scheint keine Barrieren zu kennen. Durch verschlossene Türen tritt Jesus hindurch, berichtet das Johannesevangelium. Er steht auf einmal in die Mitte der angsterfüllten Jünger und spricht ihnen den Frieden zu. Ja, nicht nur das: Er sendet sie aus, als seine Boten und Werkzeuge.
Das wäre mein Traum, mein Osterwunsch: Dass durch diese „Corona-Krise“ viele aufgeweckt werden und die Augen öffnen für die Veränderungen, die von Gott her schon am Geschehen sind: Menschen kümmern sich in Dienstleistungs- und Pflegeberufen um bedürftige Mitmenschen. Ihnen gebührt Anerkennung und ein gerechter Lohn. Frauen setzen sich ein in pastoralen Diensten und in der Gemeindearbeit. Ihnen gebührt Anerkennung, Mitsprache und Entscheidungskompetenz. Die Natur atmet auf, durch Entschleunigung und geringeren Ressourcenverbrauch. Ihr gebührt Wertschätzung und effektiver Schutz. Mitten in der Krise schafft Gott neues. Merken wir es nicht?
Kommentare (1)
Sandra Kuhn
am 13.04.2020Wünsche noch einen gesegneten Ostermontag.