So wie es z. B. das Thomas-Evangelium und das Evangelium der Maria (Magdalena) gibt, existieren auch weitere Briefe von Apostelschülern: z. B. erster Clemensbrief (Clemens von Rom war Begleiter des Paulus und Schüler des Petrus) oder deren ähnliche Briefe: sieben Briefe des Ignatius von Antiochien sowie Offenbarungsschriften, z. B. der Hirte des Hermas. Warum diese Schreiben keinen Eingang in unser Neues Testament gefunden haben, hängt mit der sogenannten Kanon-Bildung zusammen (kanon, griech.: Leitfaden, Maßstab). Die ersten Christen betrachteten ganz selbstverständlich die Bibel der Juden (das Alte Testament) als ihre Heilige Schrift. Mehr und mehr wurden dann aber auch frühchristliche Schriften (zuerst die Paulusbriefe, dann die Evangelien) im Gottesdienst verlesen und erlangten das Ansehen von heiligen Schriften.
Im Angesicht aufkommender Irrlehren und der verschiedenen Handhabung im liturgischen Gebrauch für manche Schriften wuchs im 2. Jh. das Bedürfnis, die ursprüngliche Überlieferung der Apostel zu schützen und eine „Richtschnur“ (Kanon) zu entwickeln. Um 200 hatten die meisten Schriften unseres heutigen Neuen Testaments kanonisches Ansehen erlangt. Ende des 4. Jh. zählten einige Synoden im Westen (Karthago und Hippo) und später auch des Ostens 27 Schriften zum Kanon. Die vier Kriterien zur Auswahl waren: Abfassung durch einen Apostel oder einen apostelnahen Autor; edler geistlicher Inhalt; Allgemeingültigkeit (Universalität); Göttliche Eingebung (Inspiration). Das Tridentinische Konzil legte schließlich (8. April 1546) den Kanon für die gesamte Heilige Schrift endgültig fest.
Die im ersten Absatz genannten und viele weitere Schriften werden gegenüber dem Kanon als apokryph bezeichnet, von griech.: verborgen‚ dunkel. Damit soll gesagt werden, dass der Ursprung (Autorenschaft, Apostolizität) der Schriften verborgen, ungeklärt ist und sie damit keine Gültigkeit für den christlichen Glauben haben.
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!