Ihre Frage ist so formuliert, dass ich davon ausgehen muss, Sie erwarten von mir eine klare Antwort oder zumindest so etwas wie ein Rezept, um Ihren Sohn und auch Ihre zukünftige Schwiegertochter auf den Weg zu bringen, der Ihnen als der einzig gangbare erscheint. Das ist ein Lebensweg mit Gott und in dem Glauben, den Sie Ihrem Sohn vorgelebt und vermittelt haben, solange er bei Ihnen lebte. Jetzt aber hat Ihr Sohn einen für sein Alter nur allzu natürlichen Schritt getan und ist mit einer Frau zusammen, mit der er sein Leben verbringen will. Der Lauf des Lebens hat die Karten neu gemischt. Und es gibt keine einfachen, eindimensionalen Antworten mehr. Die Erfahrung legt nahe, dass ein offensives Argumentieren und dauerndes Ansprechen der Problematik nichts bringt. Eher noch erzeugt ein solches Verhalten mehr Widerstand und eine Jetzt-gerade-erst-recht-Haltung. Ich weiß, dass es für Eltern schmerzlich ist zu sehen, dass die Werte, die sie immer vermittelt haben, plötzlich nichts mehr zählen. Und noch schmerzlicher ist es, dass man in gewisser Weise hilflos mit ansehen muss, wie dies geschieht, und es keine Handhabe gibt, die ungeliebte Situation aktiv zu beeinflussen. Aber so und nicht anders stellt sich der von Ihnen geschilderte Sachverhalt für sehr viele Eltern früher oder später dar. Sie können nichts anderes tun, als Ihre eigenen Überzeugungen zu leben.
Wenn Sie dies aufrichtig tun, dann sind Sie ein Vorbild. Damit meine ich, dass nicht nur ein vorgefertigtes „Glaubensgerüst“ in allen Lebenslagen als Allheilmittel vorgeschoben wird, sondern ein Glaube gelebt wird, der auch in der Realität wirklich trägt. Unser Leben birgt Höhen und Tiefen, aber meistens bewegt es sich im eintönigen Grau des schlichten Alltags. Und dort ist das Feld, auf dem sich unser Glaube bewähren muss. Wenn Kinder dies spüren und nicht den Eindruck haben, dass ihnen ein weltfremder „Lieber Gott“ vermittelt wird, dann stimmen die Vorzeichen für ein gutes Vorbild.
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